Sie stand im Badezimmer und sah ihrem Ich im Spiegel entgegen. Ihr Gesicht war gerötet und Tränen liefen über ihre Wangen. Ihr Spiegelbild sah sie nur verschwommen. Ob ein Mensch es weiß, oder irgendwie spürt, wenn ein anderer Mensch wegen ihm weint? Wahrscheinlich nicht…
‚Was mach ich denn nur falsch?’ Sie wischte die Tränen weg, damit sie wieder richtig sehen konnte und verließ das Bad. In ihrem Zimmer kroch sie unter die Bettdecke und starrte an die Wand.
Wahrscheinlich wusste er nichts von all dem was er in ihr auslöste. Und vielleicht konnte er nicht mal was dafür. Wer wusste das schon.
Die Erinnerung an diesen Tag war grau in ihrem Kopf und unter den glühenden Funken war das Gefühl kalt. Sie hatte auf diesem Stuhl gesessen und an diesem Tisch gegessen, während er nur wenige Meter von ihr entfernt war. Und alles was sie wollte war, dass er sie sah. Und wenn nicht er an diesem Tag, dann jemand anderes. Ein einziger Blick, der mehr war, als eine bloße Anerkennung ihrer Existenz. Nur ein Einziger, ein Lächeln, das für sie war. Damit sie endlich etwas fühlen konnte. Das hätte ihr gereicht. Mehr wollte sie ja gar nicht. Doch es war an diesem Tag ganz anders gewesen, wie immer. Sie hatte sich gefühlt, als wäre sie gar nicht da gewesen. Als wäre sie unsichtbar und nur ein Hauch Ihrer anwesend.
Sie drehte sich in ihrem Bett auf die andere Seite und zog die Decke über den Kopf. Sie wollte niemanden mehr sehen und am liebsten aus der Welt verschwinden.
Vielleicht sah er sie nicht als die, die sie war. Oder sie waren zu verschieden? Vielleicht war er ganz anders als sie und konnte sie deshalb nicht sehen… Aber irgendwie wusste sie auch, dass das nicht ganz so sein konnte. Sie fühlte, dass er irgendwo tief in sich so war wie sie. Wahrscheinlich wusste er das nur selbst noch nicht.
Doch was nützt das, wenn es trotzdem immer wehtut und sie nichts als ein Schatten bleibt?
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